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Unser Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle

Gedenkbuch Halle


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Name: Schönbach 
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Leo Schönbach

Kommentar:
Leo Schönbach
© 2009 Sammlung Margrit Lenk
Leo Schönbach
© 2009 Sammlung Margrit Lenk
Vorname: Leo 
Geburtstag: 30.09.1892 
Geburtsort: Leipzig 
Privatadresse: Halle, Leipziger Straße 12[1], später Lafontainestraße 4 
letzte Adresse: Halle, Lafontainestraße 4[2] 
Beruf: Kapellmeister, Cellist, Pianist 
Verwandtschaft: vermutlich Großvater: A. Schönbach, um 1900 Inhaber eines "25-Pfennig-Basars", Halle, Große Ulrichstraße[3]
Vater: Schaul Hersch gen. Hermann Schönbach, geboren am 17.06.1856 in Czernowitz/Bukowina (Rumänien), gestorben am 03.04.1928 in Halle; Inhaber von "S.H. Schönbach-Haus-und Küchengeräte, Glas, Porzellan, Steingut, Emaille", Schmerstraße 1(heute Stadthaus)
Mutter: Anna Schönbach geb. Adler, geboren am 05.06.1860 in Czernowitz/Bukowina, gestorben am 05.04.1938 in Halle; Grabstätten: jüdischer Friedhof, Humboldtstr. 52
Bruder: Jakob Schönbach, geboren am 08.01.1884 in Czernowitz/Bukowina, gestorben am 15.09.1956 in Halle[4], Nachfolger im Geschäft des Vaters. Dessen Ehefrau: Erna geb. Plau, geboren am 29.07.1894 in Berlin, gestorben am 14.10.1947 in Halle[5]; Tochter Hildegard, geboren am 21.12.1912 in Halle, gestorben am 20.10.1979 in Halle[6]. Nach Emigration Rückkehr des Bruders nach Halle mit Ehefrau, Tochter und Schwiegersohn Wolfgang Worm, Heirat: 02.09.1939 in Shanghai[7], sowie deren Kindern Gisela und Manfred Worm.[8]
Schwester: Rahel Regina geboren am 27.02.1887 in Leipzig, gestorben am 17.02.1970 in Oakland (USA); Erbin des elterlichen Wohnhauses Lafontainestraße 4, in dem auch Leo und Jakob mit Familie wohnten. Nach Emigration Auswanderung in die USA. 
weitere Lebensdaten: Musikausbildung am Konservatorium Leipzig; Solocellist am Herzoglichen Hoftheater Altenburg; 1917 - 1920 Chordirektor und 1920 - 1924 Solorepetitor und Kapellmeister am Stadttheater Halle.[9]
Ab 1924 freischaffend als Kapellmeister, Cellist und Musiklehrer für Cello und Klavier tätig sowie als Pianist und Konzertbegleiter namhafter Sänger, u.a. Marcell Wittrisch.
1935 Ausschluss aus der Reichsmusikkammer, damit Auftrittsverbot auf deutschen Bühnen.[10] Führend im Jüdischen Kulturbund in Halle aktiv: Leiter der Jüdischen Chorvereinigung, Dirigent, Solocellist und Pianist.[11]
1935/36 Konzert-Tournee als Klavier-Begleiter der bekannten jüdischen Sängerin Beatrice Freudenthal-Waghalter durch Synagogengemeinden in ganz Deutschland (Programmzettel von Auftritten in Berlin, Ulm, Nürnberg, Hamburg, Hannover, Stuttgart, Magdeburg, Koblenz und Halle[12]).
Ab 1937 Musikalischer Leiter der jüdischen Kleinkunstbühne DER BUNTE KARREN, Leipzig, die auch in Halle spielt.[13]
1938 Aufforderung an Leo, Regina und Jakob Schönbach, Deutschland umgehend zu verlassen.[14] Alle Versuche, Visa zu erhalten, scheitern. Anfang 1939 Verhaftung von Leo und Jakob beim Versuch, illegal über die holländische Grenze zu gelangen.[15]
Am 11. März 1939 Ausreise von Leo und Jakob Schönbach in den Stadt-Staat Shanghai - einziger Ort, an dem mittellose Emigranten ohne Papiere Zuflucht finden konnten. Schwester Regina, Jakobs Frau, zum jüdischen Glauben übergetreten, und Tochter folgen wenig später nach. Finanzierung erfolgt aus Mitteln, die Regina aus dem Zwangsverkauf des elterlichen Wohnhauses erhält, sowie durch Mittel des Auswandererhilfsfonds[16]
In Shanghai waren Emigranten härtesten Bedingungen ausgesetzt. Aber gerade dort bieten sich den zahlreichen emigrierten Theaterkünstlern günstige Betätigungsmöglichkeiten.
Schönbach wird im Winter 1939/40 gemeinsam mit dem Dirigenten Henry Margolinski musikalischer Operettenleiter im "Russian Club-Theatre", dirigiert u.a. Emmerich Kálmans DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN (1943); ab 1942 Dirigent auch bei Opernaufführungen (u.a. mit Alfred Dreifuß als Regisseur). Außerdem Tätigkeit als Musiklehrer und Pianist.[17]
Mitten in der Probenarbeit zu CAVALLERIA RUSTICANA erleidet er plötzlich einen Gehirnschlag.
In Nachrufen wird er als "unser bester Operetten-Dirigent" und "der König der Operette in Shanghai" bezeichnet.[18] Bei der Premiere von CAVALLERIA RUSTICANA erhebt sich das Publikum zu einer Gedenkminute von den Plätzen. Mehrere hundert Freunde, Kollegen und Schüler kommen zur Trauerfeier.[19] 
Todesort: Shanghai 
Todesdatum: 04.02.1945[20] 
Quelle(n): [1] Deutsches Bühnenjahrbuch, Theatergeschichtliches Jahr- und Adressenbuch, Hrsg. Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen und Deutscher Bühnenverein, Berlin 1921
[2] Passage-Auftrag für Jakob und Leo Schönbach vom 08.03.1939; AJH
[3] HA 1890er Jahre
[4] Sterberegister Standesamt Halle, 1956, Nr. 1019
[5] Sterberegister Standesamt Halle, 1947, Nr. 4723
[6] Grabstein, Nordfriedhof Halle, Erbgrabstätte Schönbach, Nr. 1592
[7] Angaben Dr. Manfred Worm, Bad Kronau: Schreiben v. 01.01.1992 an Frau Goeseke und Frau Mitschke, Jüdische Gemeinde zu Halle
[8] Hofmann, Daniel: E-Mail v. 28.02.1912
[9] Programmhefte Stadttheater Halle, Theaterarchiv im neuen theater (jetzt Stadtarchiv)
[10] Kurz-Biographie Leo Schönbach. In: Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945, 3 Bände. hrsg. Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter, Hansjörg Schneider. München 1999, Bd. 2/2, Biographisches Lexikon der Theaterkünstler, Teil, 2: L - Z
[11] Programmzettel; AJH
[12] Programmzettel; AJH; Privatarchiv Dr. Manfred Worm, Kronburg
[13] Programmzettel, AJH
[14] Mitteilung vom 12.08.1938 an die Beratungsstelle des Hilfevereins der Juden in Deutschland e.V., Leipzig; AJH
[15] Mitteilung vom 07.01.1939 des Rabbinats der Synagogengemeinde Münster an Frau Schönbach; AJH
[16] Schriftverkehr, Ausreise betreffend; AJH
[17] Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin – Sammlung Dreifuß. Dreifuß, Alfred: Shanghai - eine Emigration am Rande. In: Middell, Eike u.a.: Exil in den USA. Leipzig 1979 (= Kunst und Literatur im antifaschistischen Exil, Bd. 3). Philipp, Michael: "Nicht einmal ein Tespiskarren". Exiltheater in Shanghai 1939 - 1947. Hamburg 1996 (= Schriftenreihe des P. Walter Jacob-Archivs, Bd. 4). Philipp, Michael: Exiltheater in Shanghai 1939 - 1947. In: Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 - 1945, a.a.O., Bd. 1, Verfolgung und Exil deutschsprachiger Theaterkünstler. Kritiken aus Shanghaier Zeitungen, ohne Datum; Privatarchiv Dr. Manfred Worm.
[18] ebd.: Shanghai Jewish Chronicle, 6. Februar 1945
[19] ebd.: Shanghai Jewish Chronicle, 9. Februar 1945
[20] YVD (09.03.2009 Schönbach, L.) Shanghai
Besonderer Dank an Margrit Lenk 
letztes Update: 16.09.2013 21:09:14 

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